Zwei Frauen, Elli und Jone, sind in einer verschneiten Berglandschaft in Puchberg am Schneeberg zu sehen. Sie knien im Schnee und beobachten einen imposanten Wolf, der vor ihnen auf einem felsigen Vorsprung steht. Jone trägt eine grüne Jacke und Stiefel, während Elli einen grauen Pullover und dunkle Hosen trägt. Im Hintergrund erstreckt sich eine beeindruckende Bergkulisse mit schneebedeckten Bäumen und einem klaren Himmel.

Kapitel 8 – Szene #23

Szene 23. Begegnungen am Schneeberg – die Botschaft des Wolfs

Elli und Stig erreichten den Bahnhof von Puchberg am Schneeberg, wo die majestätische Schneebergbahn, liebevoll Salamander genannt, auf sie wartete. Die Morgensonne tauchte die Landschaft in ein sanftes Gold, und die Bergspitzen ragten eindrucksvoll in den klaren, blauen Himmel. Heute war ein perfekter Tag für ihr Treffen mit Jone Weisewald, ihrem Mann Leonas und ihren Söhnen, Silvan und Afon.

Als sie das Bahnhofsgebäude betraten, wurden sie von Jone und Leonas herzlich begrüßt. Die Kinder, quirlige Kleinkinder voller Energie, hüpften um die Gruppe herum, ihre Augen leuchteten vor Aufregung. „Schön, euch zu sehen!“, rief Jone mit einem warmen Lächeln. „Dieser Tag könnte nicht besser sein!“

Sie unterhielten sich angeregt, während sie auf den Zug warteten. Leonas erzählte von seiner jüngsten Arbeit als Umweltinformatiker, ein Projekt, das Datenanalyse mit Naturschutz verband. Jone sprach leidenschaftlich über ihren Einsatz für den Wolfsschutz, insbesondere über die kürzliche Klage gegen die Wolfsregulierung in der Schweiz, an der sie beteiligt gewesen war. „Es ist ein langer Kampf, aber wir müssen für diese Tiere einstehen“, sagte sie entschlossen.

Während die Freunde ihre Unterhaltung vertieften, tollte Luna, Ellis und Stigs treue Hündin, fröhlich um sie herum. Mit ihrem lebhaften Wesen und ihrem weichen Fell, war sie ein gern gesehener Begleiter auf solchen Abenteuern. Heute war sie besonders aufgeregt, denn die neue Umgebung des Schneebergs bot eine Fülle neuer Gerüche und Eindrücke.

Als sie in die Schneebergbahn stiegen, wurde Luna an ihre Leine genommen, um den Regeln der Bahn gerecht zu werden. Sie war ein gut erzogener Hund und daran gewöhnt, sich in verschiedenen Situationen gut zu benehmen.

Die Schneebergbahn begann, immer höher hinauf Richtung Gipfel zu klimmen und vor ihnen breitete sich eine Welt aus, die den Alltag hinter ihnen ließ. Die Kinder drückten ihre Nasen gegen die Fenster, fasziniert von der sich verändernden Landschaft. Die Erwachsenen genossen die friedliche Fahrt, während die Bahn langsam die Hänge hinaufkletterte.

Während der Fahrt mit der Schneebergbahn saß Luna brav an Ellis Füßen, gelegentlich den Kopf hebend, um aus dem Fenster zu blicken. Die Kinder lachten und spielten mit ihr, streichelten sie und genossen ihre sanfte Anwesenheit. Ihre Wärme und ihr beruhigendes Wesen trugen zur entspannten Atmosphäre bei.

Oben angekommen, traf die kleine Gruppe auf eine Welt, die von Schnee und Sonne geküsst war. Die Kinder lachten und spielten im Schnee, während die Erwachsenen sich auf eine leichte Wanderung zum Damböckhaus vorbereiteten. „Ich hätte nicht gedacht, dass wir im Mai noch Schnee sehen würden“, bemerkte Stig, als er Silvan half, einen kleinen Schneemann zu bauen.

Die Wanderung war ruhig und erfrischend, und die klare Bergluft belebte sie. Während sie gingen, sprach Elli über die jüngsten Entwicklungen im Pharmaskandal und ihre damit verbundenen großen Sorgen. Jone und Leonas hörten aufmerksam zu und ermutigten sie, weiterzumachen und nicht nachzugeben. „Ihr macht das Richtige“, sagte Leonas, „solche Machenschaften dürfen nicht ungestraft bleiben.“

Auf dem Wanderweg zum Damböckhaus beugte sich Jone zu Elli und flüsterte: „Hast du bemerkt, wie die Natur heute besonders lebendig wirkt? Als ob sie uns Geschichten erzählen möchte.“

Elli nickte nachdenklich. „Ja, ich habe das Gefühl, dass die Natur uns etwas mitteilen will. Vielleicht ist es eine Erinnerung, dass wir alle miteinander verbunden sind.“

Stig, der das Gespräch mitverfolgte, fügte hinzu: „Ich denke oft darüber nach, wie klein unsere Probleme im Vergleich zur Unendlichkeit der Natur erscheinen. Es gibt so viel, was wir nicht verstehen.“

„Genau“, erwiderte Leonas. „Und deshalb ist es so wichtig, dass wir lernen, besser zuzuhören – nicht nur mit unseren Ohren, sondern mit unserem ganzen Wesen.“

Während sie weiter durch die Berglandschaft wanderten, war Luna immer an ihrer Seite, wie ein treuer Wächter der Natur. Sie schien jede Bewegung im Unterholz zu bemerken, jedes leise Flüstern des Windes zu hören.

Als sie eine Pause einlegten, setzte sich Luna neben Elli und legte ihren Kopf sanft auf Ellis Knie. „Du bist wirklich ein besonderer Hund, Luna“, murmelte Elli, während sie Lunas weiches Fell streichelte. „Manchmal habe ich das Gefühl, dass du mehr verstehst, als wir es uns vorstellen können.“

In diesem Moment schien es Elli, als hätte Luna auch diese Worte verstanden. Mit einem fast weisen, verständnisvollen Blick schaute Luna Elli tief in die Augen. Einen Augenblick lang hatte Elli das Gefühl, die Zeit wäre stehen geblieben. Dann trat Luna ein wenig zurück, schüttelte sich und lief wieder fröhlich los, als wollte sie sagen: „Komm, es gibt noch so viel zu entdecken.“

Die Gruppe hatte fast einen malerischen Aussichtspunkt erreicht und wollte dort eine kleine Verschnaufspause einlegen, um die Aussicht zu genießen. Jone und Elli erreichten den Aussichtspunkt zuerst und plötzlich erstarrte Jone. Ihre Augen weiteten sich vor Erstaunen und Ehrfurcht. Auf einem entfernten Felsvorsprung stand ein majestätischer Wolf, dessen Fell im Sonnenlicht glänzte. Er schien sie ruhig zu beobachten, seine Augen tief und wissend.

„Schaut!“, flüsterte Jone und deutete auf den Wolf. Die anderen hielten inne und folgten ihrem Blick. Elli hatte gerade Luna gestreichelt und griff geistesgegenwärtig nach ihrem Halsband, um sie festzuhalten. Afon und Silvan waren Fangen spielend herumgetollt, blieben jetzt aber stockstarr stehen und blickten mit staunenden Augen zu dem eindrucksvollen Wildtier auf dem Felsen. Leonas und Stig, die sich intensiv unterhalten hatten und am Ende der Gruppe liefen, schlossen zu den anderen auf und der Anblick des Wolfs verschlug ihnen die Sprache.

Es herrschte eine tiefe Stille, als ob die Natur selbst den Atem anhielt.

Jone trat langsam näher an das Geländer am Rand des Aussichtspunktes, ihre Augen unverwandt auf den Wolf gerichtet. „Es ist selten, einen Wolf in freier Wildbahn zu sehen“, erklärte sie leise. „Sie sind kluge und vorsichtige Tiere, die ihre Distanz wahren. Wir müssen ihn respektieren und ihn nicht stören.“

Der Wolf schien Jone einen Moment lang direkt anzublicken, als ob er eine stille Kommunikation mit ihr teilte. Dann drehte er sich elegant um und verschwand lautlos hinter den Felsen.

„Das war unglaublich“, flüsterte Stig. Elli nickte zustimmend und tief bewegt von dem seltenen Anblick. Dann fiel ihr auf, dass keiner von ihnen daran gedacht hatte, ein Foto zu schießen. Sie alle waren wohl zu erstaunt und überwältigt gewesen.

„Ein Wolf! Ein Wolf!“, riefen Silvan und Afon aufgeregt und rannten zu Jone, welche sie an die Hand nahm. „Ja, da war ein Wolf!“, sagte sie. „Das Glück gibt es selten, sie sind scheu und halten sich vom Menschen fern. Es ist wunderbar, dass sie wieder hier leben. Das Gleichgewicht der Natur braucht große Räuber, wie sie.“

Sie strahlte begeistert über das ganze Gesicht und wandte sich wieder der Gruppe zu. „Das ist genau der Grund, warum wir uns für den Schutz dieser Tiere einsetzen. Sie sind ein wichtiger Teil unserer Ökosysteme. Wir müssen lernen, mit ihnen zu koexistieren. Dabei können kluge Schutzmaßnahmen helfen, wie zum Beispiel der Schutz von Nutztieren auf der Weide durch Herdenschutzhunde.“

Während sie ihren Weg fortsetzten, fühlte sich die Gruppe geehrt, diesen kurzen, aber bedeutsamen Moment mit dem Wolf geteilt zu haben. Es war ein kraftvolles Symbol für die Schönheit und Fragilität der Natur und ein Ansporn für Elli und die anderen, sich weiter für den Schutz und das Verständnis der wilden Kreaturen unserer Welt einzusetzen.

Auf dem restlichen Weg bis zum Dammböckhaus war Luna in ihrem Element. Sie schnüffelte am Wegesrand, sprang durch den Schnee und rannte voraus, nur um dann wieder zu ihrer Familie zurückzukehren. Sie schien jede Minute in der Natur zu genießen und ihre Energie war ansteckend. Die Kinder folgten ihr lachend, während sie spielerisch durch den Schnee stob.

Als sie im Damböckhaus ankamen, genossen sie ein herzhaftes Mittagessen und die Kinder spielten danach ein wenig in der Nähe. „Es ist wichtig, dass wir uns auch Zeit für solche Momente wie heute nehmen“, sagte Jone. „Es erinnert uns daran, wofür wir kämpfen.“

Nach dem Mittagessen im Damböckhaus, als die Gruppe sich auf den Rückweg machte, war Luna sichtlich müder, aber immer noch glücklich. Sie bewegte sich nun gemächlicher, blieb nahe bei ihren Menschen und genoss die Streicheleinheiten, die sie von den Kindern und Erwachsenen erhielt.

Nachdem sie wieder am Bahnhof Puchberg angekommen waren und sich von Jone und ihrer Familie verabschiedet hatten, gingen Elli und Stig in Richtung ihres Wohnmobils. Luna trottete neben ihnen her, erschöpft aber zufrieden.

„Das war ein wunderbarer Tag“, sagte Stig. „Ich bin froh, dass wir uns die Zeit genommen haben, um mit Freunden zusammen zu sein und die Natur zu genießen.“

Elli lächelte. „Ja, und ich bin dankbar, dass wir Luna an unserer Seite haben. Sie erinnert uns immer daran, im Moment zu leben.“ Auf dem Fußweg zurück zum Wohnmobil lief Luna, wie immer, einen Schritt voraus, als Späherin ihres kleinen Rudels, immer auf dem Weg in das nächste gemeinsame Abenteuer.

Sie folgten dem Weg durch ein kleines Waldstück. Die Schatten wurden länger und die Sonne verschwand langsam hinter den Bergen. Plötzlich bemerkten Elli und Stig eine seltsame Stille.

Die Vögel, die zuvor noch gesungen hatten, waren verstummt. Für einen Moment schien die Zeit stillzustehen. Elli blickte in den Himmel und sah eine Gestalt – war es ein großer Zugvogel oder vielleicht eine Eule? Sie konnte es nicht genau erkennen, aber sie spürte eine unglaublich intensive Verbindung zu dieser Gestalt und ihrer wilden Welt, zu den Geheimnissen und Rätseln, die sie umgaben.

„Siehst du das auch?“, flüsterte Stig.

Elli nickte. „Ja, es ist, als ob die Natur uns beobachtet. Als ob sie Teil unserer Geschichte ist.“

Sie setzten ihren Weg fort, aber in ihren Herzen blieb ein Gefühl der Verwunderung und in Elli stieg erneut die Ahnung auf, dass die Grenzen zwischen den Welten durchlässiger waren, als sie je gedacht hatte.

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