Zwei Personen, Elli und Stig, genießen einen ruhigen Moment während ihrer Wanderung in Puchberg am Schneeberg. Stig, ein großer, breitschultriger und athletischer Mann mit jugendlichem Aussehen und lockigem rotem Haar, sitzt im Vordergrund. Elli, mit kurzem, dunklem Haar und in Wanderkleidung, sitzt auf einem Felsen und hält eine Kamera in der Hand, während sie lächelnd in die Ferne blickt. Im Hintergrund erstreckt sich eine malerische Berglandschaft mit grünen Wäldern, Feldern und einem kleinen Dorf.

Kapitel 8 – Szene #22

Szene 22. Zwischenwelten – das Doppelgesicht des Amuletts

In der ruhigen Umarmung der Berge, umgeben von der frischen Luft und der malerischen Landschaft von Puchberg am Schneeberg, erlebten Elli und Stig einen Moment der Ruhe und des Friedens.

Sie hatten ihr gemütliches Wohnmobil auf einem kleinen Stellplatz in dem niederösterreichischen Wanderdorf geparkt, um ein gemeinsames Wander-Wochenende zu genießen.

Elli und Stig nutzten so oft wie möglich ihr Wohnmobil, um sich an einem freien Wochenende eine Erholungspause zu gönnen. Obwohl Stig sich im Lehrerberuf in seinem Element fühlte, empfand er den Schulalltag mit seinem ganzen Trubel oft als stressig und auch in Ellis Job gab es naturgemäß generell einen sehr hohen Stresspegel. Da bot die natürliche Schönheit des Wanderortes Elli und Stig nun eine wohlverdiente Auszeit von den Wirrungen des Alltags.

Heute stand eine sanfte Wanderung zu zweit auf dem Programm, ein Vorhaben, das sie mit freudiger Erwartung erfüllte. Am nächsten Tag war ein Treffen mit Jone Weisewald und ihrer Familie geplant, die nicht weit entfernt von Puchberg in München lebten. Gemeinsam wollten sie die majestätische Aussicht des Schneebergs genießen, zu der sie mit der berühmten Schneebergbahn gelangen würden.

Während sie durch die idyllischen Pfade schlenderten, umgeben von der unberührten Natur, war die Atmosphäre erfüllt von einer harmonischen Stille. Doch hinter dieser friedlichen Fassade lauerte eine unbestimmte Unruhe in Elli, eine Unruhe, die sie schon lange in sich trug und die nun, in der Abgeschiedenheit der Berge, nicht länger verborgen bleiben konnte.

Elli und Stig standen am Fuße eines majestätischen Berges, der sich vor ihnen auftürmte. Seine grünen Ausläufer kitzelten den Himmel und schienen sich mit ihm zu vereinigen. Der Duft von frischer Erde und nassem Moos durchdrang die Luft, eine Begrüßung der Natur an zwei müde Wanderer.

„Meine Güte, ist das schön!“ sagte Elli und griff zu ihrer digitalen Spiegelreflex, um ein paar Fotos zu schießen, als Stig sich müde auf einen großen Stein setzte und nachdenklich wurde. Plötzlich fragte Stig: „Elli, hast du eigentlich das Amulett gefunden, das ich im Wohnzimmer vergessen habe?“

Elli sah ihn irritiert an. „Welches Amulett?“

„Das Amulett, das ich dir als Mutmacher schenken wollte. Ich hatte es in einer kleinen, verzierten Schatulle auf dem Couchtisch abgesetzt, bevor ich zur Arbeit musste. Doch dann habe ich es dort vergessen und als ich wieder nach Hause kam, war es verschwunden. Ich hatte gehofft, du hättest es entdeckt und an dich genommen. Aber ich wundere mich mittlerweile ein wenig, da du es bisher überhaupt nicht erwähnt hast.“, erklärte Stig.

Elli zog reflexartig das Amulett unter ihrem Pullover hervor, das sie für das Geschenk von Timmek hielt. Doch zu ihrer Verwunderung hatte es sich verändert. Statt fremder Schriftzeichen waren lateinische Buchstaben eingraviert, die die Namen der sieben Erzengel darstellten.

„Das… das ist es“, stammelte Stig. „Ich habe es in einem Versand für christliche Amulette gefunden. Auch wenn wir beide nicht gläubig sind, fühlte es sich richtig an. Es soll dich beschützen und dir meine Nähe und Unterstützung zeigen.“

Elli war verwirrt. Hatte sie sich das Treffen mit Timmek und die mysteriöse Botschaft nur eingebildet? Sie betrachtete das Amulett genau und erlebte einen verwunderlichen Wahrnehmungszustand. In einem Moment sah sie die lateinischen Buchstaben, im nächsten Moment sah sie die fremden Symbole, die sie während Timmeks Besuch bemerkt hatte. Es war, als wechselten sich beide Versionen des Amuletts in ihrer Wahrnehmung ab, die jeweils aber beide gleichermaßen real waren. Das Amulett kribbelte dabei stark in ihrer Hand und gleichzeitig war sie von einer unerklärlichen Gewissheit erfüllt, dass Timmeks Amulett im Hintergrund existierte und Stigs Amulett die ebenso reale Version hier in ihrer Welt darstellte. Es war, als ob sie in zwei Realitäten gleichzeitig existierte, als ob sie zwei unterschiedliche Welten berühren würde.

Stig, der ihren erstaunten Gesichtsausdruck bemerkte, fragte besorgt: „Ist alles in Ordnung, Elli?“

Elli schüttelte den Kopf, um die Verwirrung abzuschütteln, und antwortete mit einem gezwungenen Lächeln: „Ja, danke Stig. Das ist nur so ein wundervolles Geschenk!“ Sie lächelte ihn an und er schloss sie fest in seine Arme. Sie schloss die Augen und ihre Gedanken schwirrten. – Ein Amulett, wie aus zwei Welten gleichzeitig! Inzwischen hatte sie das Gefühl, sie befand sich nicht mehr in der Realität, die sie kannte, sondern in einer magischen Romangeschichte. Zurzeit passierte einfach zu viel Verwunderliches.

Als Stig von ihr zurücktrat, beschloss sie, das weitere Nachdenken über dieses unglaubliche Ereignis aufzuschieben und versteckte das Amulett hastig unter ihrem Pullover. Sie war es gewohnt, eigenartigen Gedanken in unpassenden Situationen nicht zu viel Raum zur Entfaltung zu geben.

Nach einer kleinen Pause wanderten sie weiter. Doch schon nach kurzer Zeit fasste sich Elli ein Herz und wollte das Thema ansprechen, das sie sich für diese Wanderung vorgenommen hatte. Sie blickte zu Stig, ihre Augen suchten seine. Sie war sich unsicher, wie sie beginnen sollte, denn ihre Gedanken schienen wie der dichte Nebel, der in der Ferne über den Bäumen hing.

„Stig,“ begann sie zögerlich, „ich muss mit dir über etwas sprechen.“ Sie legte ihre Hand auf seine Schulter, eine flüchtige Berührung, aber dennoch so fest, dass er die Wärme ihrer Hand spüren konnte.

Stig blieb stehen, nickte langsam und legte seine Hände in die Taschen seiner Wanderhose. Er spürte, dass dies ein bedeutendes Gespräch werden würde. „Was ist los, Elli?“ fragte er mit sanfter Stimme.

„Zunächst muss ich mich entschuldigen“, begann Elli. „Ich habe in letzter Zeit Dinge gesehen und gefühlt, die nicht real zu sein schienen. Es fühlte sich an, als würde eine andere Welt in meine eindringen. Aber das ist nicht der Punkt. Das Wichtigste ist, dass ich nicht genug auf mich geachtet habe und ich habe mich sehr stark vor dir verschlossen.“

Stigs Gesicht verfinsterte sich, allerdings nur für einen kurzen Augenblick. „Ich weiß, dass es in letzter Zeit alles etwas schwierig für dich war“, sagte er. Er blickte sie nun neugierig an und war anscheinend gespannt darauf, zu hören, worum es genau ging.

Elli nickte. „Es ist dieser Pharmaskandal, Stig. Die Hinweise darauf haben sich bestätig. Außerdem ist er viel größer und gefährlicher als angenommen. Es geht dabei vielleicht sogar um Dinge, die für die ganze Welt von Bedeutung sein könnten.“

Stig schaute sie erschrocken an. „Warum erzählst du mir das jetzt erst?“

„Es war alles zu unsicher und ich wusste nicht, was hier überhaupt genau passiert.“, erklärte Elli. „Aber jetzt kann ich die Sache etwas besser einschätzen und ich weiß, dass es dabei um sehr viel geht. Es ist inzwischen sehr wahrscheinlich, dass diese Geschichte auch auf die Zukunft von uns beiden Auswirkung haben wird. Daher musst Du unbedingt Bescheid wissen. Und ich brauche dich jetzt mehr denn je.“

Stig trat einen Schritt zurück und schaute Elli tief in die Augen. „Elli, das ist Wahnsinn. Warum ziehst du dich …“ Er stockte und fuhr dann fort: „… und warum ziehst du mich mit dir da rein? Du weißt, dass ich an deiner Seite bleibe, aber du versuchst immer die Welt zu retten und wenn es sein muss, setzt du alles aufs Spiel!“

„Ich weiß“, flüsterte sie. „Aber ich kann nicht tatenlos zusehen.“

Stig zögerte einen Moment, dann zog er Elli in eine feste Umarmung. „Egal, was passiert, ich stehe an deiner Seite.“

Elli schluchzte leise auf Stigs Schulter, während der Wind ihre Haare sanft streichelte. Sie wusste, dass sie in Stig schon immer einen wahren Verbündeten an ihre Seite gehabt hatte. Doch die dunklen Vorahnungen, dass sich vor ihnen ein ungeheuerlicher Sturm zusammenbraute und sie ihn nun mit hineinzog, lagen schwer auf ihrem Herzen.

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