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Das Licht im Kinderzimmer war gedämpft, die weichen Schatten der Spielsachen tanzten an den Wänden. Ein plötzlicher Lärm drang durch die Tür – das laute, schrille Schreien ihrer Eltern, gefolgt von einem dumpfen Schlag, als etwas Schweres auf den Boden fiel. Elli, ein kleines Mädchen mit außergewöhnlich tiefgrünen Augen und strubbeligem, schwarzen Haar, umklammerte ihre kleine Schwester Jori, deren Augen weit vor Angst waren.
„Mama und Papa streiten wieder“, flüsterte Jori mit zitternder Stimme.
Elli nickte, ihre grünen Augen fest auf die Tür gerichtet. „Es wird alles gut, Jori“, sagte sie leise und streichelte ihre Schwester beruhigend.
Plötzlich flog die Tür auf, und ihre Eltern stolperten ins Zimmer. Ihre Mutter, das Gesicht gerötet und die Augen glasig, schrie etwas Unverständliches, während ihr Vater versuchte, sie zurückzuhalten. Der Geruch von Alkohol hing schwer in der Luft.
„Euer verdammter Vater denkt, er kann alles mit Geschenken wiedergutmachen!“, brüllte die Mutter und warf ein Plastikspielzeug gegen die Wand, wo es mit einem lauten Knall zerbrach.
Der Vater, ebenfalls stark alkoholisiert, griff nach ihrer Mutter und zog sie grob weg. „Hör auf, vor den Kindern zu toben!“, schrie er, seine Stimme rau vor Wut und Alkohol.
Die Mutter wehrte sich, stieß gegen den Schrank und zog dabei mehrere Spielzeuge mit sich, die klappernd zu Boden fielen. „Du bist kein bisschen besser! Immer nur Versprechen und Lügen!“
Jori begann leise zu schluchzen, ihre kleinen Hände klammerten sich verzweifelt an Ellis Pullover. Elli hielt sie fest, schirmte sie so gut es ging ab.
„Bitte hört auf“, flüsterte Elli, doch ihre Stimme ging im Lärm unter.
Schließlich schob der Vater die Mutter aus dem Zimmer, knallte die Tür hinter sich zu. Die Stille, die folgte, war bedrückend. Die Kinder blieben eng umschlungen sitzen, Jori zitterte in Ellis Armen.
Elli nahm Joris Gesicht in ihre kleinen Hände und sah ihr fest in die Augen. „Jori, weißt du noch, wie ich dir von der magischen Insel erzählt habe?“
Jori schniefte und nickte schwach. „Ja, die Insel mit den leuchtenden Blumen und den freundlichen Tieren.“
Elli lächelte und nahm ihre Schwester bei der Hand und zog sie mit sich auf die kuscheligen Decken auf dem Bett. „Genau, stell dir vor, wir sind jetzt dort. Die Blumen leuchten im Dunkeln, und die Tiere können sprechen. Wir sind in einer wunderschönen Welt, weit weg von hier.“
Jori schloss die Augen und ließ sich von Ellis Worten in diese Traumwelt entführen. „Erzähl mir mehr, Elli.“
„Gut“, sagte Elli und begann leise zu erzählen. „Wir gehen über eine Wiese voller glühender Blumen, deren Farben sich jedes Mal ändern, wenn wir sie berühren. Da ist ein Fluss mit funkelndem, klarem Wasser. Die Tiere dort sind unsere Freunde. Dort habe ich ein wunderschönes Baumhaus für uns gebaut.“
Jori öffnete langsam die Augen, ein schwaches Lächeln auf den Lippen. „Ganz oben im Baum?“ fragte sie neugierig.
Elli nickte und drückte Joris Hand fester. „Ja, und weißt du noch ein weiteres Geheimnis?“
„Was denn?“ fragte ihre Schwester neugierig.
„Ich habe dort das Heilen gelernt und ich kann eines Tages die Dinge wieder in Ordnung bringen. Das braucht aber ein wenig Zeit, Jori.“
Jori nickte wortlos und schmiegte sich an ihre Schwester. Ihr Lächeln wurde breiter. „Ich mag die Insel, Elli. Lass uns immer dort hingehen, wenn es hier schwierig wird.“
Elli küsste Joris Stirn. „Versprochen. Wir haben unsere eigene magische Insel, nur für uns.“
Elli hielt ihre Schwester eine Zeit lang sanft in den Armen, während Jori in ihrer Fantasie mit ihren Fingern über die schimmernden Blumen strich und den funkelnden Fluss entlang lief. Dann ließ sich Jori von Eilli das Baumhaus beschreiben. Die Stimmen ihrer Eltern verblassten, ersetzt durch das sanfte Flüstern der Traumwelt. Die beiden Schwestern saßen eng umschlungen auf dem Bett, umgeben von einer unsichtbaren Hülle der Geborgenheit und Sicherheit.
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